Plakatgeschichte bis zur Jahrhundertwende
Entstehung des Plakates bis zur Jahrhundertwende
Die Entstehung des modernen Bildplakates ist eng verbunden mit der Entwicklung der modernen Gesellschaft. Die Industrielle Revolution weckte neue wirtschaftliche Bedürfnisse, die die Massenproduktion und Vermarktung neuer Konsumgüter oder Reiseziele erforderte. Die mittelständische Bevölkerung wollte unterhalten sein, hatte die Zeit und das Geld zu reisen und sich gelegentlich Luxusgüter zu leisten.
Für die Bekanntmachung der Tourismusorte oder der neuen Güter bei der mobilen, reichen Gesellschaft Europas oder Amerikas wurde erstmals Mitte des 19. Jahrhunderts das Plakat eingesetzt. Als triviales Massenmedium vermittelte es die neuen Bedürfnisse und stimulierte ebenso den Kaufwunsch.
Künstlerplakate und Propaganda
Künstler, die anfangs für die Reklamegestaltung engagiert wurden, entdeckten das Plakat bald für die Ankündigung ihrer eigenen Ausstellungen. Diese so genannten Künstlerplakate gehören bis heute zu den eindrücklichsten Entwürfen. Im Ersten Weltkrieg begann die amerikanische Regierung, das Plakat zum Zweck der Kriegspropaganda einzusetzen. Die europäischen Länder folgten dem Beispiel und benutzten es für die Bekanntmachung ihrer demokratischen wie rechtsextremen politischen Meinungen.
Antike Vorgeschichte
Bereits in der Antike erfanden die Griechen rotierende Ankündigungstafeln, um die Programme ihrer sportlichen Aktivitäten anzukündigen. Die Römer kommunizierten ihre Anliegen, ob es sich um Wahlkampagnen oder einfach um persönlichen Meinungen handelte, indem sie ihre Ankündigungen direkt auf die Hausmauer ritzten oder malten. Als weitere Plakatierungsform benutzten sie mit Gips überzogene Holztafeln.
Entdeckung des Papiers
Das Papier wurde von den Chinesen um das Jahr 105 n.Chr. erfunden und fand seinen Weg bis nach Europa im 7. Jahrhundert. Das Papier war damals ein teures Luxusgut für die Botschaftsvermittlung. Im Jahre 1799 entwickelte ein Franzose die erste Maschine, um die langsame und kostenintensive Arbeit der manuellen Papierherstellung zu ersetzen. Fünfzig Jahre später wurden erstmals Holzfasern in der Papierherstellung eingesetzt. Allmählich wurde das Papier erschwinglich und daher auf breiter Basis einsetzbar.
Buchdruck
Johannes Gutenbergs revolutionäre Erfindung der Buchdruckpresse (1439-44) erneuerte den gesamten Bereich der werblichen Möglichkeiten. Zum ersten Mal konnte das geschriebene Wort in beliebig hohen Auflagen reproduziert werden. Die Drucksachen und später die Affiches waren in Bezug auf die Typografie konventionell, die Illustrationen eher unbeholfen. Im Jahre 1797 entdeckte Alois Senefelder die Lithografie und zum ersten Mal wurde den Druckern beziehungsweise den Lithografen die Möglichkeit der Serienherstellung von Bildern und Mitteilungen geboten.
Der Einzug der Lithografie
Die Künstler waren von der neuen Technik begeistert, konnten sie nun endlich die Grautöne, die sie auf dem Papier zeigten, auf einem Reproduktionsmaterial anwenden. Der Herstellungsprozess war langsam und teuer bis Jules Chéret (1836-1932), selbst Besitzer eines Druckbetriebes in Paris, Maler und Pionier in der Plakatgestaltung, die Lithografie weiterentwickelte. Mit nur vier oder fünf Farbsteinen erreichte er eine reiche und lebendige Wirkung, eine Technik, die er in England erlernte. Er entdeckte auch das grosse Plakatformat, das er später in Paris einführte.
Mit dem Einsatz der Chromolithografie 1827 war endlich der Siegeszug der Lithografie nicht mehr aufzuhalten. Es war der Beginn des künstlerisch-illustrativen Plakatschaffens in Paris mit Malern wie Chéret, Toulouse-Lautrec oder Steinlen – einem Höhepunkt, der bis heute unerreicht blieb.
Jules Cheret wurde zu Recht als „Schöpfer einer Galerie der Strasse“ bezeichnet, Henri de Toulouse-Lautrec gilt als genialster Gestalter des Plakates als Kunstwerk und der gebürtige Schweizer Théophile Alexandre Steinlen unterschied sich durch seine sozialkritische Tendenz. Sein Plakat „Chat Noir“ zählt zu den eindrücklichsten der Plakatgeschichte überhaupt.